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Körpertherapie, Prozessbegleitung, Stressbewältigung

Archive for the ‘Stressbewältigung’ Category

Wer eilt erreicht als erster das Grab.

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(Spanisches Sprichwort)

Schnelle Orte, schnelle Firmen, schnelle Menschen. Das Lebenstempo hat weitreichende Konsequenzen für die Lebensqualität. Es beeinflusst die körperliche und seelische Gesundheit der Menschen und des sozialen Wohlbefindens. Aber diese Konsequenzen spalten sich häufig in Plus- und Minuspunkte auf. Jedes Tempo hat Vor- und Nachteile.

Mitte der fünfziger Jahre dieses Jahrhunderts bemerkten zwei Herzspezialisten in San Francisco, Meyer Friedman und Ray Rosenman, dass die Herzpatienten in ihrem Wartezimmer angespannter wirkten, als andere Patienten. Genauer gesagt hatten Friedman und Rosenman diese Erkenntnis einem Polsterer zu verdanken, der sie auf die merkwürdige Tatsache hinwies, dass die Stühle in ihrem Wartezimmer lediglich vorn an den Kanten der Sitze abgewetzt waren. Einer spontanen Eingebung folgend leiteten sie ein Untersuchungsprogramm in die Wege, um die bis dahin nahezu unerforschte Frage zu prüfen ob seelischer Stress signifikant zur Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarktes beitragen könnte.

In einer ihrer ersten Untersuchungen prüften Friedman und Rosenman den Cholesteringehalt im Blut von Steuerbeamten von Januar bis Juni. Deren Essverhalten und das Pensum an Bewegung änderte sich in dieser Zeit nicht. Aber in den ersten beiden Aprilwochen, als der Abgabetermin für die Einkommensteuererklärung – der 15. April – und der damit verbundene Stress näherrückten, stieg ihr durchschnittlicher Cholesterinspiegel sprunghaft an, und die Neigung zu Blutgerinnseln nahm zu. Im Mai und Juni waren die Werte wieder auf ihren normalen Stand gesunken.

Die beiden Herzspezialisten schlossen daraus, dass manche Menschen in einer selbsterzeugten Haltung chronischer innerer Spannung leben. Die stressgeplagten Patienten in ihrem Wartezimmer fühlen sich immer wie die Steuerbeamten Mitte April.

Bei Menschen die immer unter Zeitdruck stehen, getrieben sind und sich konkurrenziert fühlen, ist die Wahrscheinlichkeit an einer Herzkrankheit zu erleiden siebenmal höher als anderen Menschen (Levine, 1999). Ein von Eile geprägtes Lebenstempo, schnelles gehen und essen, wenig Geduld und sogenanntes „Multitasking“ gehören zu den Elemente, die Sie zwar „erfolgreich“ (dieser Begriff ist sehr relativ zu verstehen) aber auch hellhörig machen sollten.

Ja, wir leben in einer Zeit in welcher alles schneller gehen soll. Und das ist nicht nur schlecht. Ein hohes Tempo gibt uns das Gefühl von Vitalität und Dynamik, eventuell auch ein Gefühl von Sinn und Erfüllung. Geniessen Sie also die Zeiten in welchen Ihnen die „temporeichen Herausforderungen“ Spass machen und Befriedigung geben. Aber bleiben Sie auch ehrlich: Ab und zu innehalten hat noch nie jemandem geschadet.

 

Written by geraldine

November 9th, 2017 at 1:02 pm

Stressbewältigung – Der Körper braucht Anspannung ebenso wie Entspannung

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Die Scheu vor Körperlichkeit scheint trotz allen Fortschritts in unserer medizinischen Kultur noch weit verbreitet zu sein: Der Körper soll beherrschbar sein und mit immer besseren Instrumenten und Medikamenten gesteuert und repariert werden. Manchmal ist das notwendig und sinnvoll. Was dabei jedoch verloren geht, ist die Fähigkeit, instinktives Wissen darüber was uns gut tut und was nicht, einzusetzen. Frühzeitige Warnsignale des Körpers werden nicht mehr erkannt oder auch ignoriert. Erst wenn der Magen schon wieder brennt, die Panikattacken das Leben einengen oder die Rückenschmerzen die tägliche Arbeit unmöglich machen, wollen wir handeln.

Eine bessere Selbstwahrnehmung und das Vertrauen in den Sinn der eigenen körperlichen Regungen zu stärken, ist ein wichtiger Aspekt der Körpertherapie. Dies geschieht vor allem über Gefühle und Empfindungen und weniger über den Intellekt. Ähnlich wie ein Kleinkind, das Berührung, Bewegung und Spiegelung braucht, um zu erfahren, wer es ist und was es kann, kann auch der erwachsene Mensch sein Selbst-Verständnis wieder neu entwickeln und trainieren. Viele Krankheiten, Beschwerden und Stimmungen entwickeln sich über stressauslösende Erfahrungen. Zumeist sind diese nicht in unserem Bewusstsein. Doch der Körper vergisst nicht. Positive wie auch negative Erfahrungen bleiben als Körpererinnerung in Form von Gefühlen, Spannungszuständen, Ahnungen oder inneren Bildern gespeichert.

Eine fundierte Körpertherapie führt Sie deshalb behutsam in eine Art vorsprachliche Empfindungswelt zurück. Der Körper kann so seine Art zu reagieren neu erkunden. Diese Körper-Selbst-Erfahrung regt Ihr System dazu an, bewusst und vegetativ wieder auf seine ureigenen alten, „gesunden“ Reaktionsweisen zurück zu greifen. So kann die Selbstregulierung des Körpers wieder erwachen und Stress verursachenden Konflikten kann auf andere Art begegnet werden.

 

Die physiologische Basis: Der Körper braucht Anspannung ebenso wie Entspannung

Stress ist auf vielfältige Weise fester Bestandteil unseres Lebens: Hunger verursacht Stress, Kälte und Hitze machen Stress, Einsamkeit sowie unerfüllte Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit sorgen für Stress. Und ebenso leiden wir unter Stress, wenn wir den Arbeitsplatz verlieren, wenn wir uns streiten, den Tod eines Partners verkraften müssen oder mit anderen traumatisierenden Erlebnissen konfrontiert sind. Stress kann krank machen und Krankheit bedeutet für den Körper ebenfalls Stress. Unser Körper reagiert darauf mit der Ausschüttung so genannter Stresshormone. Diese waren zu Urzeiten des Menschen u. a. dazu da, die Energiereserven des Körpers etwa für die Flucht vor oder den Kampf mit einem wilden Tier zu mobilisieren.

Stresshormone sind in der Lage, einen Menschen für eine bestimmte Zeit über sich und seine Kräfte hinaus wachsen zu lassen. Ebenso vermögen sie es, ihn in die Starre eines erjagten Tieres zu versetzen.

Sofern nach besonderen Belastungen Phasen der Entspannung, des Wohlfühlens oder des Geniessens einsetzen können, kann unser Organismus von Zeit zu Zeit mit Stressbelastungen durchaus gut umgehen. Schwierig wird es dagegen, wenn Konflikte chronisch ungelöst bleiben. Dann nämlich werden Stresshormone nicht mehr abgebaut sondern fortwährend neu ausgeschüttet. Auf diese Weise versetzen sie den Körper in den Alarmzustand andauernder Über- oder Unterspannung. Der Körper lebt unter Dauerstress viel zu lange Zeit über seine Kräfte oder leidet unter zu wenig Antrieb. Dabei verfestigen sich körperliche und geistige Haltungen, die den Zweck haben, alte Schmerzen, seelische Verletzungen oder andauernde Verspannungen nicht mehr in aller Tragweite zu spüren. Es entstehen innere und äussere Schonhaltungen, die uns längerfristig aus dem Gleichgewicht bringen und psychische oder psychosomatische Beschwerden auslösen.

 

Stressbewältigung durch Körpertherapie

Mittels der Körpertherapie finden Sie Möglichkeiten, zur Stressbewältigung. Entspannung und Gelassenheit (wieder-)zuerlernen können dabei ebenso wichtig sein wie die Entdeckung von Neugierde und Begeisterung. Die Wiederherstellung eines gesunden physiologischen und psychischen Gleichgewichts bedeutet, das „Zuviel“ zu mindern das „Zuwenig“ zu stärken.

 

Written by geraldine

Oktober 10th, 2017 at 1:48 pm

Willkommen im Hier und Jetzt – Vom Umgang mit Schmerzen

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Viele von uns haben, bedingt durch unsere Lebensumstände, Gelassenheit und Achtsamkeit verloren (oder auch nie gehabt). Wir reden schnell, handeln schnell und unsere Gedankenkarussell halten uns vom Schlafen ab. Getrieben von Gedanken und gepeinigt von Schmerzen – Alltag der westlichen Gesellschaft. Aber es kann auch anders sein!

 

Am Universitätsklinikum Freiburg wurde anhand verschiedener Studien mit chronischen Schmerzpatienten nachgewiesen, dass sich das Schmerzempfinden der Patientinnen und Patienten um ein Vielfaches verbessert, wenn sie an einem achtwöchigen Gruppen- oder Einzelkurs in achtsamkeitsbasierender Stressbewältigung (MBSR) teilnahmen. Sie übten sich in Meditation, Körperwahrnehmung und Yoga und lernten dabei, anders mit ihren physischen Symptomen umzugehen. Dieselben physischen Zustände wurden anschliessend als wesentlich weniger wahrgenommen. Bei einer Kontrollgruppe, die lediglich Entspannungsübungen machte und psychologisch begleitet wurde, hatte sich das Schmerzempfinden kaum verändert. Es waren also die Wahrnehmungs- und Achtsamkeitsübungen, die den Schmerzpatienten zu einem besseren Lebensgefühl verhalfen. Sie ermöglichten ihnen, dieselben physischen Zustände anders zu bewerten. Die Patientinnen und Patienten eroberten sich durch die Aufmerksamkeitsübungen die Freiheit zurück, ihre Körperwahrnehmungen nicht unmittelbar als Schmerz interpretieren zu müssen (Knapp, 2008).

Der Leiter des Freiburger Forschungszentrums, Stefan Schmidt, erläuterte das Ergebnis mit folgender Formel: Leiden = Schmerz x Widerstand. Sogar chronischer Schmerz ist also keine rein physische Angelegenheit. Diese Aussage ist sehr deutlich. Ein Schmerz führt zu physischer und psychischer Anspannung, je grösser diese wird, desto intensiver zeigt sich der Schmerz. Die spiralförmige Aufwärtsbewegung führt irgendwann zu daraus resultierendem Leiden. Egal wie intensiv und langanhaltend sich Schmerz und / oder Anspannung zeigt; wenn eine Aufwärtsbewegung möglich ist, gibt es auch eine Abwärtsbewegung:

Ein bewusstes Sein im Hier und Jetzt ist ein zentraler Aspekt in der Stressbewältigung. Dies erfolgt nicht über irgendeine abgehobene Art von Heilkunst, sondern über das eigene Körpergewahrsein. Lernen wir unsere körperlichen Empfindungen (wie etwa Druck, Enge, Leere, Dichte, fliessen, kribbeln etc.) zu benennen, schafft dies eine sichere Verbindung zur Gegenwart. Die Wahrnehmungen auf besagter Ebene entsprechen jenen des limbischen Systems und somit den Wahrnehmungen unserer Urinstinkte. In dem wir diesen Empfindungen wieder Raum geben und über die Zeit lernen, sie schnell und präzise zu benennen, erfahren wir so etwas wie ein „Wieder-angeschlossen-sein“, eine Entschleunigung und ein besseres Gefühl für uns selbst.

 

Written by geraldine

August 25th, 2017 at 1:16 pm

Stress. Eine individuelle Reaktion.

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Wir alle kennen Stresssituationen: Eine hohe Belastung am Arbeitsplatz, privates Engagement, finanzielle Verpflichtungen; manchmal wird es einfach zu viel. Aber es gibt auch Momente in welchen wir das Gefühl von Stress zu empfinden obwohl es keine rationalen Gründe dafür gibt. Warum ist das so und was steckt dahinter?

Alle unsere Erfahrungen, positive wie auch negative, lösen sich nicht in „Luft“ auf, sondern addieren sich zu gespeicherten Gedächtnisinhalten in sogenannten Nervenzell-Netzwerken. Diese wiederum werden teilweise unbewusst abgerufen.

Im Moment der Ausrufung des Alarmsystems setzt im Grosshirn und im limbischen System eine massive Aktivierung von Genen ein. Die zuerst aktiven Gene gehören zur Gruppe der Sofortreaktionsgene, deren Produkte nach dem Schneeballsystem innerhalb der Zelle dann weitere Gene aktivieren.

Nervenzellen, die während einer Gefahrensituation aktiviert werden und bestimmte Gene anschalten, tun etwas für deren Selbsterhaltung. Die Proteine, die im Rahmen der Aktivierung von Genen hergestellt werden, dienen den Nervenzellen als Wachstumsfaktor und verstärken die Kontaktstellen, mit denen die Nervenzellen untereinander vernetzt sind.

Stellen Sie sich diese Nervenzellverbindungen einfach als einen dünnen Faden vor. Wird diese Verbindung immer wieder aktiviert, so wird sie stärker. Aus einem dünnen Faden wird ein dickes Seil.

Diese Nervenzell-Netzwerke werden somit als Folge ihrer Tätigkeit stabilisiert. Diese sind bedeutsam: Wenn sich alarmierende Erfahrungen oder Niederlagen im Leben eines Menschen häufen, werden die darauf spezialisierten Nervenzell-Netzwerke die Oberhand gegenüber anderen Netzwerken bekommen, deren Spezialität darin besteht, die Chancen und Bewältigungsmöglichkeiten einer Situation zu erkennen.

Einschneidende oder oft wiederholte Vorerfahrungen von Gefahr, Niederlage, Angst und Flucht verändern neuronale Netzwerke also in der Weise, dass Interpretation künftiger neuer Situationen Interpretationen die Oberhand haben, die wiederum in die gleiche Richtung gehen.

Eine solche Entwicklung aufzuhalten oder rückgängig zu machen ist eine der wichtigsten Aufgaben der Gesprächs- und Körpertherapie.

Nicht nur unsere ersten Lebensmonate, sondern auch jene im Mutterleib prägen unser hormonelles System. Ist eine Frau während der Schwangerschaft unter psychischem oder physischem Stress, wirkt sich das direkt auf das Stresssystem des Ungeborenen aus. Ist nach der Geburt genügend mütterliche Zuwendung durch Berührung und Nähe vorhanden, wird das Stress-Gen deutlich weniger aktiviert.

Die grosse Unterschiedlichkeit individueller Vorerfahrungen hat zur Folge, dass die Reaktion der neurobiologischen Stresssysteme von Person zu Person sehr verschieden ist. Untersuchungen haben gezeigt, dass Personen welche dem gleichen Ausmass an Stressintensität ausgesetzt sind, in der körperlichen Verarbeitung sehr unterschiedlich reagieren. Ebenfalls haben Untersuchungen an Zwillingen eine individuelle Stressreaktion gezeigt. Der Umgang mit Stress ist also nicht genetisch und somit nicht vererblich. Das verstärkt die Bedeutung der individuellen Vorerfahrung.

Dass zwischenmenschliche Bindungen die biologischen Stresssysteme schützen, gilt nicht nur für das Kind, sondern auch im späteren Leben. Bindungen und soziale Unterstützung haben sich in zahlreichen Studien als einer der wichtigsten Schutzfaktoren gegenüber extremen Ausschlägen der biologischen Stressreaktionen erwiesen.

Diese Erkenntnisse der Neurowissenschaft mögen schockierend sein, beinhalten aber auch die Chance zum Bewussten Handeln und Erleben. Das wirksamste Mittel für einen guten Umgang mit Stress sind also Begegnung, Beziehung und Berührung.

 

Müde und ausgebrannt: Burnout

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Entgegen der weitläufigen Meinung, ist Burnout nicht eine Krankheit, sondern ein Zustand körperlicher, emotionaler und geistiger Erschöpfung. Meist wird dieser Zustand durch berufliche Überlastung und Stress ausgelöst. Ein Gefühl von „Ausgebranntsein“ und der totalen Erschöpfung, machen die Bewältigung des Alltags schwer.

Aber was für Symptome lassen uns von einem „Burnout“ reden? Bezeichnend ist die emotionale Erschöpfung. Diese resultiert aus einer übermässigen emotionalen oder physischen Anstrengung oder Anspannung. Man fühlt sich schwach, kraftlos, müde und matt. Antriebsschwäche und leichte Reizbarkeit zeigen sich des öfteren als zusätzliche Begleiter. Desweiteren kommt die sogenannte „Depersonalisierung“ dazu. Gerade Personen welche mit Kunden, Klienten oder Patienten arbeiten, können bei Überlastung eine enorme Distanz zwischen sich und ihrem Gegenüber aufbauen; zunehmende Gleichgültigkeit und teilweise zynische Einstellungen gegenüber dem Vis-à-Vis erschweren die Situation zusätzlich. Die Arbeit kann nur noch durch Routine und Monotonie erledigt werden. Das Erleben von Misserfolgen ist das sogenannte „Pünktchen auf dem i“. – Betroffene fühlen sich häufig wie Hamster im Drehrad. Sie haben trotz der zunehmenden Überlastung häufig das Gefühl nichts zu erreichen oder bewirken. – Steigende Anforderungen und abnehmende Belastbarkeit, schwächen die Leistungen. Erfolgserlebnisse fehlen und der Glaube an den Sinn der eigenen Tätigkeit verliert an Relevanz.

Die Entwicklung von Massnahmen zur Vorbeugung und Behandlung besteht darin, Ausgleich zu schaffen. Entspannungs-, Atem- und Meditationsübungen sowie verschiedene sportliche Aktivitäten helfen. Dennoch treffen diese nicht den Kern des Problems. Bei einem Burnout handelt sich um ein subjektiv wahrgenommenes Auseinanderklaffen von externen (beruflichen) Anforderungen und individuellen Fähigkeiten; verbunden mit dem Gefühl der Ohnmacht.

Howard Gardner, Professor für Psychologie an der Harvard University liefert den Ausgangspunkt zum Konzept der sogenannten Selbststeuerung. Seiner Erkenntnis nach, basiert die Führung der eigenen Person auf drei fundamentalen Fragen 1. „Wer bin ich?“, 2. „Was will ich?“, und 3. „Wie erreiche ich effizient meine Ziele?“

Bestehen Unsicherheiten zur ersten Frage und damit über die eigene Identität, sind Auswirkungen im Selbstwertgefühl wahrnehmbar. Denn: Wenn jemand seine Stärken und Fähigkeiten nicht kennt und auch kein Rückmeldungen einfordert, können Selbst- und Fremdbild auseinander klaffen.

Eine Antwort auf die zweite Frage (Was will ich?) ist deswegen so wichtig, weil klare Ziele unsere mentale Energie mobilisieren. Fehlende Ziele, Werte und Perspektiven hingegen können teilweise erschreckend schnell zu emotionaler Erschöpfung führen.

Die dritte Frage nach der effizienten Vorgehensweise zur Zielerreichung zielt auf die Leistungsfähigkeit. Dahinter verbirgt sich das ökonomische Prinzip des sparsamen Umgangs mit mentalen und zeitlichen Ressourcen.

Der Lösungsansatz zur Bewältigung eines Burnout-Syndroms ist also mit existentiellen, teilweise sogar philosophischen Fragen verbunden. Das Thema des „sich mit seinem echten Menschsein“ auseinander zu setzen, steckt in unseren Breitengraden noch in den Kinderschuhen. Und dennoch: Eigenverantwortung lässt sich schlecht in Kinderschuhen tragen…

Am Rande bemerkt: Das Burnout-Syndrom kann ähnliche Symptome wie das Boreout-Syndrom aufweisen. Dieser Begriff (engl. Bore = langweilen) bezeichnet einen Zustand der beruflichen Unterforderung und Unzufriedenheit. Hohe Geschäftigkeit und reduzierte Leistungsfähigkeit sowie emotionale Erschöpfung begleiten hier den Alltag.

Lesen Sie mehr darüber im kommenden Post!

 

Warum wir Berührung brauchen

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Die Neurobiologie hat in den vergangenen Jahren hinlänglich den Beweis für den Menschen als soziales Wesen erbracht. Er ist genetisch darauf programmiert, Kontakte zu knüpfen, Kooperationen zu leben und Beziehungen einzugehen. Hormone, resp. Neurotransmitter wie etwa Dopamin (im Volksmund Glückshormon) oder Oxytozin leisten entsprechende Hilfestellung. Die Dopamin-Achse, das Kernstück der Motivationsachse, erhält von den Emotionszentren des Gehirns Informationen darüber, ob in der Aussenwelt Objekte vorhanden sind, für die es sich lohnt, aktiv zu werden. Die Bildung des Oxytozins hingegen wird über alle Formen der freundlichen Interaktion angeregt. Dies sind namentlich Streicheleinheiten, Berührungen, Massagen oder die Stimulation der erogenen Zonen.

Oxytozin hat eine Reihe von medizinischen Effekten: Es sorgt für körperliche und psychische Entspannung, senkt den Bluthochdruck, dämpft die Angstzentren und vermag das Stress-System zu beruhigen.

All diese Ausführungen klingen plausibel. Sind also einzig die Gene für unser Glücklichsein verantwortlich? Für das Funktionieren unserer Beziehungen oder für unsere Ausgewogenheit? Leider nein. Die genetische Ausstattung kann lediglich garantieren, dass die neurobiologischen Werkzeuge dafür vorhanden sind. Entscheidend für die Fähigkeit, genetisch bereitgestellte Systeme auch einzusetzen, ist, ob sie – vor allem in der Frühphase des Lebens – eingespielt und benutzt werden konnten.

Als Erwachsene können wir selbst daran mitwirken, dass Kooperation gelingt. Als Neugeborene und als Kinder sind wir jedoch darauf angewiesen, dass uns gute zwischenmenschliche Erfahrungen vermittelt werden. Für das Funktionieren und Instandhalten aller biologischen Systeme gilt ein Satz aus der amerikanischen Hirnforschung: „Use it or lose it“, also „Benutze was die Gene bereitstellen, oder du wirst sie verlieren“. Für die Motivationssysteme heisst das: Bleiben während der Kindheit und Jugend gute Beziehungserfahrungen aus, hat dies fatale Folgen für die spätere Beziehungsfähigkeit der betroffenen Individuen.

Tiffany Field, Direktorin und Gründerin des Touch Research Institutes in Miami, Florida, bringt die neurobiologischen Vorgänge und entsprechende Konsequenzen auf den Punkt. Sie macht deutlich, dass man sich Körperkontakt nicht einfach als angenehmen Zeitvertreib gönnen sollte, sondern dass dieser existentieller Natur ist. Ein chronischer Mangel an Berührung beeinträchtigt nicht nur körperliche und geistige Entwicklungsprozesse, sondern fördert auch aggressives, selbstzerstörerisches oder sogar süchtiges Verhalten. In kritischen Phasen wie dem Säuglingsalter, der frühen Kindheit und dem Alter oder in Zeiten schwerer körperlicher Erkrankung, kann der fehlende Körperkontakt die Lebenskräfte und den Lebenswillen so massiv reduzieren, dass nicht nur Säuglinge, sondern auch erwachsene Menschen regelrecht verkümmern und zugrunde gehen.

In einer Welt, in der wir uns immer häufiger nicht direkt – also körperlich – begegnen, sondern über Zwischenmedien wie Mobiltelefon oder Internet kommunizieren, laufen wir Gefahr, in einem der wesentlichsten Bereiche unserer Existenz auszuhungern, ohne dass uns dies bewusst wird. Die medizinischen, psychologischen und soziologischen Erkenntnisse über die dramatischen Auswirkungen, die das Fehlen ausreichender körperlicher Zuwendung nicht nur auf die Qualität, sondern gar auf das Fortbestehen des Lebens hat, sprechen für sich. Anschaulich zeigen sich die Auswirkungen von Berührung/die Erwartung der Berührung (oder dem Mangel daran) auf den Hormonstatus resp. die Neurotransmitter (zum Beispiel Dopamin/Oxytozin u.a.). Untersuchungen von Tiffany Field lassen keine Zweifel, dass Berührung signifikant auf die individuelle Schmerzverarbeitung, die Selbstheilungskräfte und das Wohlbefinden wirkt. “Bei allen von uns bis heute gemachten Experimenten, zeigt sich der positive Effekt der Massage als signifikant. Wir haben kein einziges Beschwerdebild untersucht – inklusive Krebs – bei welchem sich der Effekt des Wohlbefindens, der Beruhigung und der Schmerzlinderung nicht nachweislich gezeigt hätte.”

Wenn nicht nur das Wetter sondern auch die Stimmung drückt

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Wieder ein regnerischer Tag. Draussen ist es dunkel und der Gedanke daran, aus den Federn zu steigen, lässt uns nur tiefer ins Kissen sinken. Das ist ganz normal. – Aber was, wenn uns auch bei schönem Wetter die Lust zum Aufstehen fehlt oder uns dieses Gefühl über Wochen hinweg begleitet?

Depressive Verstimmungen können viele Ursachen haben, sind oftmals aber auch gar nicht rational erklärbar. In unserer Gesellschaft scheint es wichtig, einen triftigen Grund für unser psychisches Unwohlsein zu deklarieren. Doch in vielen Fällen fehlt schlicht das logische Argument, da eigentlich alles „in Ordnung“ ist.

Dass die meisten von uns auf „hohem Niveau“ klagen, trifft wohl zu. Es heisst aber nicht, dass wir uns und unseren Leiden keine Beachtung schenken sollten. Gerade bei depressiver Verstimmung ist es wichtig, dass wir uns selbst ernst nehmen und auch ernst genommen werden.

Hinweise darauf, dass unsere Verstimmung behandelt werden muss, geben vor allem Symptome wie Schlafstörungen oder Müdigkeit sowie Interessens- und Antriebslosigkeit. Zudem kann ein Gefühl der Leere ein Signal sein, aber auch das Morgentief, die Suizid-Gedanken und sexuelle Unlust. Zudem können körperliche Symptome wie Druckgefühle auf der Brust oder in der Magengegend, schwere Glieder, Rückenschmerzen und/oder auch Verstopfung auftreten.

Wichtig ist, dass ich hier die klare Unterscheidung zwischen der depressiven Verstimmung und einer Depression, respektive dem jeweiligen Schweregrad mache. Gemäss dem ICD-10 – dem weltweit anerkannten Diagnoseklassifikationssystem der Medizin, das die WHO herausgibt – wird in leichte, mittelschwere und verschiedene schwere Episoden unterteilt. Dies ist insofern relevant, als die schweren Episoden unweigerlich in die Hände des Schulmediziners gehören. Dieser verwendet die Krankheitsbezeichnung „depressive Episode“ oder „rezidivierende depressive Störung“. Selbstverständlich kann die Naturheilkunde hier unterstützen. Dennoch muss in schweren Fällen der klassische Arzt den nötigen Boden gewährleisten, damit zusammen mit der Klientin oder dem Klienten ein solider und stetiger Aufbau möglich wird.

Nun aber zu den für Sie in Eigentherapie anwendbaren Vorschlägen:

 

  • Gespräche, vor allem mit jemandem, der Ihnen richtig zuhört
  • Gehen Sie an die frische Luft und machen Sie REGELMÄSSIG ausgedehnte Spaziergänge
  • Beziehen Sie Ihr Umfeld mit ein, sagen Sie Ihrer Familie und Ihren engsten Freunden, was Sie denken und fühlen
  • Nehmen Sie ein Johannes-Kraut-Präparat. Dies wirkt stimmungsaufhellend und lindert Begleitsymptome wie Schlafstörungen und Konzentrationsschwäche. Ihr Apotheker wird Sie gerne beraten.
  • Machen Sie das was Ihnen Freude bereitet

 

Die Naturheilkunde verweist seit langem auf einen engen Zusammenhang zwischen depressiver Verstimmung und Leberleiden – oft sowohl im energetischen wie auch im pathologischen Sinne – und verordnet demzufolge zur allgemeinen Tonisierung verdauungsfördernde und leberanregende Pflanzen. Zu den klassischen Mitteln gehören die Mariendistel, die Artischocke, der Enzian wie auch der altbekannte Löwenzahn.

Wie bei den klassischen Anti-Depressiva sollen pflanzliche Mittel über mehrere Wochen eingenommen werden. Die Wirkung, die im Allgemeinen nach zwei Wochen eintritt, wird bei einer Behandlungsdauer von sechs Wochen verstärkt.

Die Behandlung braucht Zeit, aber es lohnt sich diese zu investieren.

 

Psychosomatik: Zusammenhang von Körper und Psyche

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Haben Sie schon einmal von Dr. Rüdiger Dahlke gehört? In den Achtzigerjahren wurde er durch seine teilweise sehr umstrittenen Bücher zum Thema Psychosomatik bekannt. Obschon gewisse Kritik sicher gerechtfertigt ist und seine Literatur nicht einfach so hingenommen werden sollte, hat er doch ein wichtiges, schon den alten Griechen bekanntes Thema aufgegriffen und der Allgemeinheit zugänglich gemacht: den Zusammenhang von Körper und Psyche.

Der psychosomatische Ansatz trifft heute auf ein medizinisches System, das in vielen Bereichen noch dem Kausalitätsprinzip folgt und einer Krankheit jeweils eine bestimmte Ursache zuzuordnen versucht. Entsprechend wird der Begriff „psychosomatisch“ sowohl von Laien als auch von Vertretern der Medizin häufig nicht in seiner ursprünglichen Bedeutung verstanden, sondern mit „psychogen“ gleichgesetzt. Patienten, die an körperlichen Symptomen leiden, fühlen sich dann missverstanden und oft als „eingebildete Kranke“ oder Simulanten stigmatisiert.

Dank grosser wissenschaftlicher Fortschritte wissen wir heute, dass eine polare Trennung wie sie lange Zeit vermittelt wurde, obsolet ist. Es gibt nichts Körperliches das sich nicht auch in der Psyche zeigt und visa versa.

Ein Beispiel für einen psychophysiologischen Zusammenhang: Angstführt dazu, dass im Körper Adrenalinausgestossen wird, was u.a. die Magen-Darm-Peristaltikhemmt und bei längerem Bestehen zu Verdauungsstörungen führen kann. In vielen Redewendungen des Alltags ist dieser Zusammenhang impliziert: Etwas liegt einem „schwer im Magen“, eine Sache geht einem „an die Nieren“, der Schreck „fährt einem in die Glieder“, jemandem ist eine „Laus über die Leber gelaufen“.

Was heisst das konkret? Stellen sie sich vor, dass sie kurz vor einem für sie wichtigen Gespräch stehen. Vielleicht bemerken sie eine gewisse Nervosität – was stereotypisch psychisch wäre – , gleichzeitig aber werden ihre Hände feucht und in ihrem Magen stellt sich ein flaues Gefühl ein (was in der Analogie dem Körperlichen entspricht). Oder ein anderes Beispiel: Sie sind seit längerem stark engagiert, müssen grosse (psychische) Belastungen tragen. Wie oft kommt es vor, dass damit Verspannungen im Schulter-/ Nackenbereich einhergehen?

Ich bin mir sicher, dass sie solche oder ähnliche Erfahrungen aus ihrem eigenen Leben kennen. Umso wichtiger ist es, achtsam mit sich selbst und den entsprechenden körpereigenen Reaktionen umzugehen. Nehmen sie die Zeichen ernst und erkennen sie den Zusammenhang von Körper und Psyche, denn dieser ist unweigerlich da. Je eher wir alle verstehen, dass das eine nichts ohne das andere ist, desto klarer und differenzierter können wir mit unseren Beschwerden und Belastungen umgehen.

 

 

Ein Gefühl von Ferien, auch im Alltag

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Vielen von uns stehen sie bevor, die lange ersehnten Ferien. Zeitgleich dazu, dass sich die Vorfreude breit machen, entwickelt sich ein dumpfes Gefühl in unserem innern: Wir wissen, dass die so dringend gebrachte Erholung schon kurz nach unserer Auszeit vorbei sein wird. – Wie entrinnen wir dieser Alltagsfalle? Und was können wir tun, damit dieses Feriengefühl länger als sonst anhält?

Studien zeigen, dass wir uns nach einem Urlaub erholter und gesünder fühlen – doch dieser Effekt verfliegt bereits nach ein oder zwei Wochen. Dies muss aber nicht so sein. Indem wir, zumindest einen Teil unserer Ferienzeit, aktiv gestalten, etwas unternehmen und uns neuen Eindrücken hingeben, ist schon viel Konstruktives für die Zeit danach erreicht. Unser Erinnerungsvermögen ist direkt mit dem Nervensystem verbunden, mit anderen Worten: Schaffen wir uns „neue“ Erinnerungen (Urlaubserfahrungen die wir vorher noch nicht gemacht hatten), können wir diese immer wieder und zu jeder Zeit abrufen. Das Nervensystem wird unmittelbar darauf reagieren, Hormone ausschütten und uns wieder mit dem damit verbundenen Gefühl verbinden.

Dieses Konzept können wir gezielt unterstützen indem wir uns zum Beispiel, extra für die Ferien, ein neues Duschgel oder Shampoo besorgen. Nach unserer Rückkehr bewahren wir uns dieses für spezielle Tage auf. Stehen wir einmal schlecht auf, nach einem anstrengenden Arbeitstag oder einfach bei einem dringenden Bedürfnis nach einer Auszeit, wird uns dieses „Erinnerungsstück“ zu Hilfe sein. Gönnen Sie sich den unverwechselbaren Duft des Gels oder Shampoos und sie werden sehen, das Gefühl des Urlaubs macht sich breit und wir fühlen uns innert kurzer Zeit wesentlich besser. – Unsere Sinne vergessen nicht; und machen wir uns dies zu N utzen, kann das wirklich etwas verändern. – Diese Art der Erinnerung kennen Sie bestimmt schon von früher: Sie sitzen unmotiviert oder gar niedergeschlagen zu Hause, aus dem Radio klingt dezente Hintergrundmusik, nichts scheint Ihre Stimmung verändern zu können. Und aus dem Nichts taucht es auf: Das Lied im Radio, das Lied das Sie an den Sommer 1998 erinnert. Erinnert an einen unvergesslich schönen Sommer. – Und das Wunder geschieht: Innert Minuten fühlen Sie sich besser.

In diesem Sinne: Ihnen allen einen schönen Sommer!

Written by geraldine

Juni 9th, 2016 at 3:35 pm

Bauchhirn – Verdauung und Gefühle

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Unser Verdauungssystem bestimmt mit darüber, ob wir uns gut oder schlecht fühlen. Verantwortlich dafür sind das Nervensystem im Darm und seine zahlreichen Verbindungen zum Gehirn. Die hundert Millionen Nervenzellen die unsere Darmtätigkeit steuern, bilden zusammen das Bauchhirn, in der Fachsprache „enterisches Nervensystem“.

Die Verbindungen des diesen mit dem Zentralen Nervensystem (von Bauch zu Kopf und umgekehrt) führen dazu, das starke Gefühle, emotionaler Stress als auch traumatische Ereignisse zu Bauchschmerzen, Krämpfen, Durchfall, Übelkeit oder Erbrechen hervorrufen können.

Angststörungen und Depressionen verändern erwiesenermassen das Tempo des Verdauungsvorgangs: Depressive tendieren zu Verstopfung, Menschen mit chronischer Angst dagegen haben häufig Durchfall.

Paul Enck vom Universitätsklinikum Tübingen und sein Team haben im Jahr 2010 belegt, dass Psychotherapie das Reizdarmsyndrom sehr effektiv lindert – besser als fast alle Medikamente.

 

Quellen:
Magazin Gehirn und Geist, 4.2012
Gabriele Moser, Leiterin Spezialambulanz gastroenterologische Psychosomatik Wien 

Paul Enck et al., Therapy Options in Irritable Bowel Syndrome.